Der Baïkalsee [Heiliges Meer]

Irkutsk 9. März 2020

Um 9h Uhr werden wir eingesammelt und fahren mit einem komfortablen, 15-Sitzer Bus los auf der Nordseite des Sees Richtung Ust-Orda. Die Straßen sind sehr wellig, und die gute Federung schaukelt sich noch auf dazu. Als wir später auf zwei UAZ Buchanka umsteigen, wird das alles besser, die bieten einen unerwarteten Komfort trotz Blattfederung.
Schneetreiben Anfahrt zum See
Eis Das erste Eis in Sicht!

Auf dem Weg halten wir an einer orthodoxen Kirche und an einem Buddhistischen Tempel, sowie an einem schamanischen Ort, wo alle Buriaten (kriegerischer, Mongolischer Volkssstamm, wovon 600 000 in Russland leben) anhalten, um eine kleine Spende zu hinterlassen, Zigaretten, Münzen, etwas zu essen. Um 14 Uhr halten wir an zu einem wie immer reichlichen Essen mit 4 Gängen, Aldar Baldanov (Name unseres Reiseführers) kauft Vodka ein für den Abend. Und hier steigen wir um in die UAZ Buchankas, das Abenteuer kann beginnen. Auf schlechtesten Wegen geht es durch den Wald bergab Richtung See. Dabei fahren wir über einen abschüssigen, gefrorenen Fluss ohne mit der Wimper zu zucken, diese Autos überzeugen wirklich! Endlich sehen wir Wasser und kommen an einer Ranch nahe beim See und in der Nähe Yelansy an. Den Rest des Nachmittags verbringen wir auf dem Eis.
The Team Gut vermummelt dem Wind entgegen

Ich kann es fast nicht glauben, dass ich wirklich hier bin. Ich habe schon so viele Bilder gesehen, dass ich nicht wirklich überrascht bin vom Anblick, aber die Realität nimmt schnell überhand in meinem Gehirn und ich bin überwältigt! Vor dem Essen mache ich den ersten Flug mit der Drone. Wir haben Vollmond heute und es ist taghell draußen in der Nacht. Die Betten sind ganz komfortabel, zum Pinkeln muss man raus, aber was uns wirklich zu schaffen macht, ist die Hitze vom Ofen, man kann kaum einschlafen, und Fenster kann man auch nicht aufmachen sonst wird es in Null-komma-nix unter Null Grad. Endlich gegen 1 Uhr wird es etwas kühler. Um 4 Uhr geht die Türe leise auf, und der Bauer zündet den Ofen erneut an, aber diesmal wird es nicht mehr so heiß. Diese russischen Öfen scheinen Wirkungsgrade von über 100% zu haben, mit drei Scheiten, wird das große Zimmer für 5 Std gewärmt. Für große Geschäfte müssen wir ca. 100 m hinters Haus, hinter die Barrikaden, die die Ranch zur Wildnis abgrenzen. Wir haben strikte Anweisung, auch für die kommenden Tage, in der Nacht nicht weiter weg zu gehen, da es überall Wölfe gibt und Bären, letztere befinden sich aber mit großer Sicherheit im Winterschlaf.

Kristovski, Yelansy 10. März 2020

Nach dem Frühstück um 7:40 fahren wir los, Richtung der Insel Olkhone, das schamanische Heiligtum. Wir wechseln zwischen Land und See mehrmals ab. Zu Mittag halten wir an einem Café am Wegrand, wieder gibt es vier Gänge und ein super Essen. Auf dem Weg halten wir mehrmals an Eisfällen an zum Fotografieren. Und am frühen Abend kommen wir auf einer Landzunge an zum Übernachten im einem Hotel. Auch hier sind wir wieder froh für die fehlenden Touristen.
Burliuk Unsere Übernachtung

Der Nachteil von der gut funktionierenden Internetverbindung ist, dass wir wieder etwas von der Welt erfahren. Die Paranoia um den Corona-Virus scheint extatische Züge anzunehmen und unser Rückflug ist gestrichen worden. Wir entschließen uns, dass alles zu vergessen und hier zu sein.

Mys Burliuk 11. März 2020

Nach dieser komfortablen Nacht fahren wir um 8:30 los mit einem Hovercraft, weil die Bahn zu holprig ist. Auch kommen wir schneller voran mit ca 50 kmh, aber der Bus gefällt mir wesentlich besser.
Eishaus Iglu à la Baïkal

Hover Im Hovercraft Hover Am südlichen Rand der Insel besuchen wir einen energetisch aufgeladenen Ort mit einer Buddhistischen Stupa und Schamanenfahnen. Russland ist seinen fünf Religionen gegenüber sehr tolerant, sogar wohlgesonnen.
Stupa Schaman Schamanismus und Buddhismus sind hier verschmolzen

Fahnen Wir lassen die heilige Insel Olkhone leicht rechts liegen und gehen erst in Khuzir an Land. Die vielen neuen Holzhäuser riechen nach chinesischen Tourismus. Wir haben uns schon hundert Mal bedankt beim Corona-Virus, der uns die Touris vom Leibe hält, wir sind die einzigen Fremden. In einem Supermarkt versorgen wir uns für die nächsten Tage mit Proviant und vor allem mit Bier und Vodka, die einzigen nicht inbegriffenen Getränke. Wir steigen in einen neuen, militärgrünen UAZ ein, er ist wirklich toll, aber nach 10' hält er an und wir werden in einen anderen verfrachtet, der eigentlich vorgesehen war, aber seinen Kardanantrieb reparieren musste. Der 24-jährige Chauffeur Sascha erklärt uns, dass er am Morgen vier schwarze Katzen hat seinen Weg kreuzen lassen, ohne dass er über seine linke Schulter gespuckt habe, ein großer Fehler, wie sich weiterhin herausstellen wird. 20' später halten wir wegen einem Nagel im Reifen (Katze Nummer 2 nehme ich mal an). Er versucht ihn zu flicken, kriegt aber den Bohrerinjektor nicht mehr raus und muss auf den Ersatzreifen umsteigen. Weiter gehts mit einem Reifen weniger. Nach 30' geht die Fahrertür auf und lässt sich nicht mehr richtig schließen. Wieder wird angehalten und repariert.
Schiff Dieses alte Schiff hat auch schon bessere Tage gesehen

Mittags halten wir an einem windstillen, sonnigen Plätzchen am Ufer für ein einfaches Picknick. Dann schlägt Katze Nummer 4 zu, der Anlasser versagt. Mit einem Gasbrenner bringt Sacha den Motor auf Temperatur, sodass der Anlasser wieder funktioniert.
Vodka Zu jedem Picknick gehört eine Spende Vodka für den See und eine Spende an uns :-)
Bei bestem Sonnenschein (ohne Sonnenbrille ist man hier in einer Stunden blind) marschieren wir zwei Stunden auf dem See. Mit unseren kanadischen Karibous kann man zwar auf dem Eis gehen, aber es ist sehr anstrengend, also müssen wir ständig nach Schneespuren Ausschau halten, auf denen man mehr Halt findet. Die meisten haben kleine Krampons dabei zum Glück, die machen zu viel Knirschgeräusche in meinen Ohren.
Felszeichnungen Felszeichnungen aus dem Neolithikum, viele sind leider von eitlen Touristen übergraviert.

Gegen 17h kommen wir an der Metereologische Station (Mieteostantsiia Solniechnaya) an, von der auch Tesson berichtet. Hier werden alle Wetterparameter gemessen und theoretisch alle drei Std nach Moskau gefunkt. Es besteht allerdings ein landesweiter Streik (der einzige) aller Metereologen in der Nacht. Eine junge Bäuerin ist auch da mit Husky, Ziegen und Schafen. Dies ist wirklich ein einsamer Ort. Und gleich gehts auf in die Banya (Sauna), die extrem heiß und dunkel ist. Als ich wieder herauskomme, mit nackten Beinen, nasser Badehose und Parka, erblüht der Baikal in einem abendlichen Violett ohnegleichen. Ich bin so verzaubert, dass ich 20' draußen bleibe und fotografiere. Die nächste Banya rettet mich vor einer Lungenentzündung
Banya Unsere geliebte Banya
Gleichzeitig mit dem 'Alpenglühen' gehen unheimliche Klänge einher, das Eis arbeitet nach dem sonnigen Tag. Es gibt Kanonenschläge, Querschläger, Risse, und alles scheint aus einer unergründlichen Tiefe zu kommen, für mich sind es Akustische Nordlichter.
Eisspalt Eisspalt Spalten im Eis, harmlos, aber gespenstisch schön

Wir sind hier am Rande eines Naturschutzgebietes, das nicht betreten werden darf. An den Wänden hängen viele Bilder von Bären, die zwischen den drei Häusern umherspazieren, im Sommer kommen sie jeden Tag. Jetzt im Winter bis Anfang April sind sie im Winterschlaf. Aldar (Vorname unseres Reiseführers) geht oft die Bärenhöhlen erkunden, man erkennt sie am Atemdampf, der davon aufsteigt. Er nimmt dann die GPS-Koordinaten und verkauft sie an reiche Jakutenväter, die ihre Söhne initiieren wollen. Bis zu 1000$ werden dafür bezahlt. Die Initiation der 13-14 Jährigen läuft etwa so ab: Eine Gruppe von Männern weckt den Bären mit langen Stöcken. Wenn er wütend herauskommt, schießt der Vater meistens zuerst auf das Schulterblatt, sodass der Bär nicht mehr auf allen Vieren laufen kann, denn er ist etwa doppelt so schnell wie ein Mensch auf kurze Distanz. Der Bär richtet sich auf und für den Initianten ist einfacher, der Bär zu erschießen.
Rot Meteo Das Abendlicht ist umwerfend, eine Art von Alpenglühen der besseren Art. Ich kam gerade aus deer Banya, noch nass, aber mit Parka. Nach 10' Fotographieren knirschte eine Eisschicht auf meinen Beinen, hab's gar nicht bemerkt

Aldar und die zwei Chauffeure bereiten unser Essen vor, das gesund und vorzüglich ist mit viel geräuchertem Lachs. Die obligaten Vodka-Runden wollen kein Ende nehmen, es wird spät über den unendlichen Geschichten von Aldar, der ein lebendes und lebendiges Lexikon ist, sich in jedem Thema auskennt, weil er als Interpret gearbeitet hat für Minister, Regisseure (Vanier, Safy Nebbou) und Mafiosi, in Frankreich, Deutschland, USA... Er ist ursprünglich Französisch- und Englischlehrer gewesen, hat Jurten nach Frankreich gefahren und verkauft, Autos in Japan geholt, um sie über Vladivostok nach Irkutsk zu bringen. Das scheint auch heute noch so abenteuerlich zu sein, wie Gebrauchtwagen durch Mauretanien zu schleusen. Jedenfalls hat er mehreren RPGs ins Auge geschaut. Er hat Autos gegen Haschisch getauscht, das er für 30L Terpentinöl eingetauscht hatte, die der Mafia fehlten, um eine Brücke zu streichen, termingerecht. Die Rally Paris-Peking hat er schon 6 Mal begleitet als Guide. Meine Zweifel an seinen Münschhausengeschichten wurden im Laufe der Tage immer geringer, weil ich vieles Unglaubwürdige, das er erzählte entweder selber wusste oder per Internet bestätigen konnte. Vor allem mit Zahlen ist er extrem präzise.
Felsen

Aldars Weisheit:

Eine Büffelherde flüchtet vor den Löwen immer nur mit der Geschwindigkeit des langsamsten Tieres. Wenn die Löwen den letzten der Büffel geschlagen haben, kann die Herde schneller laufen, weil der Langsamste jetzt weg ist, und so wiederholt sich das Spiel, bis die schwächsten Büffel dem Löwen erlegen sind. Übrig bleiben die fitten. Mit dem Vodka und unseren Nervenzellen ist das genauso, die schwächsten sterben ab und nur die besten überleben.*

Metereologische Station (Mieteostantsiia) 12. März 2020

Entsprechend meinem Blutalkoholspiegel habe ich schlecht geschlafen, bin zwar nicht aufgewacht, aber der Körper ruht sich ja nicht aus, Tiefschlafmangel. Um 7 Uhr wage ich mich raus zum Pinkeln, es ist -17º, aber kein Wind, was bedeutet, dass man mit einer einfachen Jacke gut auskommt. Das Wetter hat gedreht, der Himmel ist grau verhangen, die Sonne ein weißer, kalter Punkt wie auf einem fremden Planeten. Sergeuï, ein Mann in den 40gern, der mir leicht verrückt zu sein scheint, schnappt mich und bittet mich in seine Hütte. Ich soll seine Gitarre stimmen, die grässlich verstimmt ist, die Saiten sind sogar in den falschen Spannern. Danach bin ich sein Held. Mit seiner russischen Brille aus Breschnevs Zeiten sieht er nicht gerade vorteilhaft aus, um es mal PC auszudrücken. Er nimmt seine Gitarre und klimpert etwas darauf herum ohne Harmonie und Definition...
Meteo Wir fahren erst gegen 10 Uhr weiter, nachdem wir noch ein Fischerloch im Eis besucht haben. Sergeuï von der Wetterstation zieht mit bloßen Händen das Netz aus dem Wasser, nachdem er eine 10cm dicke Eisschicht, die sich jede Nacht neu bildet trotz Holzdeckel, entfernt hatte mit Eispickeln. Seine Hände sind tiefrot from Frost.
Fischloch Das Eis bildet sich jede Nacht von Neuem

Eis Eisbruchfelder begegnet man häufig nahe am Ufer, wo sich die Eisplatten vom Wind getrieben wie tektonische Platten übereinander schieben und kleine Berge bilden

Zu Mittag picknicken wir bei lichtem Schneefall und 100 m Sichtweite in der Nähe von Zavorotnjy. Danach fahren wir 20km weiter zu Tessons Hütte, die an einer Landspitze gelegen ist (Zedern des Nordens). Wir müssen uns nahe ans Ufer halten, weil etwas weiter draußen ein Wall aus großen Eissklötzen die Durchfahrt verriegelt. Oft haben wir einen Whiteout, unser Buchanka springt im Dreieck auf den Schneewehen und wir fahren extreme Schlangenlinien, vom Bus selber erzwungen, der vermutlich von den gefrorenen Spuren der Vorgänger unterm Schnee geleitet wird. Ich habe mich angegurtet, weil ich sonst ständig auf meine Nachbarin falle.
Der Schnee liegt mittlerweile 40 cm hoch, die Buchankas lassen sich davon nicht beeindrucken, verbrauchen aber 20 L/100km mit der Schufterei.
Buchanka Wetter Es ist schwer, die Spur zu halten

Buchanka

Sylvain Tessons Hütte 12. März 2020 14h

Und dann sind wir da, tatsächlich, es ist die Hütte, wie man sie aus dem Buch und dem Dokumentarfilm kennt. Eigentlich ist jetzt das Ziel meiner Reise und meines Traums erfüllt, als ich das Buch las, wünschte ich mir, einmal in dieser Hütte zu stehen, und nun ist es wahr geworden. Tatsächlich ist dies auch der Kulminationspunkt unserer Reise, von jetzt an geht es wieder langsam zurück.
Nur 30m neben der Hutte hat jemand begonnen, eine Isba zu bauen, ein Russisches Holzhaus.
Gerhard Der Autor im Schneetreiben

Zavorotnaya 12. März 2020

Erstaunlich ist wirklich, dass praktische alle Wege, auch die schlechtesten auf OSM (Open Street Map) verzeichnet sind, mit Osmand+ finden wir uns in der hinterletzten Wildnis offline zurecht, sogar Tessons Hütte ist eingezeichnet.
Picknick Unser typische Picknick zu Mittag auf dem See

Wir übernachten bei einer Wirtin, Stasia, 30 Jahre, die schon ihr ganzes Leben hier lebt und sehr zufrieden ist in dieser Abgeschiedenheit. Leider gibt es keine Banya, die unser Sibierienerlebnis der Gegensätze erhöhen konnte, schade. Zum Nachtessen gibt es Hühnerschenkel in Boullion gekocht mit Penne und Sardinen als Vorspeise. Die Nacht gestaltet sich wenig erfreulich. Wir haben ein Paar in der Gruppe, das manchmal unerträglich ist, sie muss an jeder Eisscholle posieren (ich mache da nicht mehr mit, wieso denn, fragt sie, weil ich mich in meiner Welt gestört fühle, antworte ich, ach da sind wir ja genau gleich, welches Sternzeichen bist du denn? .... pfff) und er, weil er nur einmal schnarcht in der Nacht, vom Einschlafen bis zum Aufwachen. Bis jetzt haben es Nico und ich immer in ein anderes Zimmer geschafft, aber heute haben wir die Arschkarte gezogen. Ich habe es zu einer meditativen Aufgabe umgewandelt und doch ganz gut geschlafen. Die Toilette ist so weit entfernt, dass ich mich nicht wage, daran zu denken.
Zimmer Nico mit einer alten sovietischen Flagge in unserer Unterkunft: stehengebliebene Zeit
Nico

Insel Ouchkany, Metereologische Station 13. März 2020

Um 9:30 Uhr ist Aufbruch gen Süden, Wehmut kommt auf, gestern waren wir noch munter Richtung Norden, Einsamkeit und Wildnis, jetzt geht es schlussendlich schon wieder heimwärts. Ich beneide das französische Pärchen in Mieteostantsia, das dort eine Hütte für eine Woche gemietet hat. Am Horizont sehen wir Schneetornados, das Wetter ändert sich extrem rasch hier.
Tornado Ballade Wir zweigen von der Küstenroute ab Richtung Südküste, Richtung der Insel Ouchkany, wo die dortige Meteostation unser heutiges Tagesziel ist. Wir steigen aus und laufen ein paar Kilometer. Ich versuche mir die Schneewüste, diese Einsamkeit einzuprägen, es ist ein fliehender Moment. Ich mache die Drone zum Kameramann und fliege seitlich parallel neben uns her, ich habe schon was gelernt! Aber meine Finger geben immer schneller auf als die Batterie, ohne Gefühl lässt es sich schlecht steuern. Ouchkany liegt gut sichtbar vor uns, wir können nicht glauben, dass die Insel noch 40 km entfernt ist. Das erinnert mich an den Salzsee in Bolivien, wo auch die Luft so klar war, dass man 150 km weit sehen konnte. Und Salzsee oder Schnee unterscheiden sich optisch kaum. Übrigens vergisst man im Schnee schnell, dass man sich auf dem Wasser befinden, Wasser, das 1642 m tief hinunterreicht.
Sträucher Eis Dorf Dorf Als wir die Buchankas erreichen, packen die Fahrer das Picknick aus, denn die Sonne ist durchgebrochen. Wir essen im Stehen im Windschatten der Busse. Man kann wirklich die Sonnenbrille nicht abnehmen, es ist gleisend hell da draußen. Schon gegen drei Uhr kommen wir auf der Insel an. Die Station ist sehr schön 'dans son jus', wie wir Franzosen sagen. Wir treten in eine vergessene Zeitzone ein, als wäre die Uhr hier vor 50 Jahren stehen geblieben. Die vier Holzhäuser sind alt und mit Liebe amateurhaft geflickt, alles ist geflickt hier.
Dorf Neben den metereologischen Installationen gibt es auch ein Ionosphärensounder Antenne, wie ich sie aus meinem ersten Max-Planck-Institut in Lindau kenne. Drei Huskies, die sie hier Bärenhunde nennen, weil sie trainiert sind, Bären in die Beine zu beißen, begrüßen uns mit Übermut. Das Gelände ist nicht aufgeräumt, überall stehen alte Sachen herum, auch zwei UAZ Allrad-Jeep aus der Dinosaurierzeit finden sich hier, die Reifen sind so abgefahren dass das Gewebe herausschaut.
Buchanka im Abendlicht Abend Strauch Gegen 18 Uhr wird es wieder magisch draußen mit dem späten Licht der Sonne. Ich wandere zwischen Eiswänden umher, drehe einen Film und fotografiere, ein toller Abschied vom Tag. Zum Schluss leuchten auch noch die Berge auf der Buriatenseite auf. Dann gehts in die superheisse Banya, es ist die geräumigste, die wir bisher hatten. Wegen Mangel an Handtüchern, stelle ich mich drei Minuten in den Wind und Schnee, dann ist man trocken gesaugt von der Kälte. Auch der Ofen in der Banya ist vollkommen selbst gestrickt, aus Stahlblechen zusammengeschweisst, aber die Hitze, die er abgibt steht in keinem Verhältnis zum wenigen Holz, das darin brennt. Wir schlafen leider schlecht in der Nacht wegen der unerträglichen Hitze, der Kachelofen ist zu warm. Fenster lassen sich nicht öffnen wegen der doppelten Vorfenster. Bleibt nur, die Türe zu öffnen.
Hund Dieser kleine Huskie machte seiner Mutter ganz schön zu schaffen
Berge Berge Die umliegenden Berge versprechen unendliche Weiten einer unberührten Welt

Khoujir, Olkhone 14. März 2020

Wir starten wiederum gegen 10 Uhr nach einer schlechten Nacht, die Öfen sind einfach zu heiß und halten zu lange nach. Die Wärme erweist sich als das eigentliche Problem in Sibirien, nicht die Kälte! Auf dem Weg nach Khoujir auf der Insel Olkhone (ca. 120 Km) machen wir Halt an schönen Felsformationen und Eishöhlen. Wir treten wieder in Kontakt mit der Welt. Wochenendtouristen aus Irkutsk verleiden uns die geliebte Einsamkeit und das Handy kriegt auch wieder Futter. Der Coronawahnsinn erreicht uns.
Felsen Felsen Grotte Olkhone gilt als DIE Schamaneninsel in Russland und die Bevölkerng ist Buriatisch. Die ganze Insel sowie der Baikalsee selbst ist Naturschutzgebiet. Darum gibt hier weder Tankstelle noch asphaltierte Straßen. Das Abwasser wir mit Tanklastwagen auf Festland gefahren. Die Ordnungshüter sind anscheinend sehr streng außer mit dem Fahrverbot auf dem See. Unsere ganze Tour ist eigentlich illegal, aber noch wird das Gesetz nicht angewandt, zuviel Tourismus hängt davon ab. Das Fischen ist ebenfalls verboten, was den Einheimischen, die wie üblich nicht an der Überfischung schuld sind, sondern sich davon ernähren, ziemlich übel aufstößt. Aldar sagt, eines nicht allzu fernen Tages werden die Wildhüter plötzlich von Bären gefressen, das funktioniert hier wie bei den Korsen.

-> Epilog

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